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Mehr Tod für das Leben

von Diane am 28. Oktober, 13:37 Uhr

Der Herbst bringt an trockenen, sonnigen Tagen vielen Menschen Freude - die Bäume verfärben sich herrlich bunt, ein leichter Windstoß lässt goldgelbe Birkenblätter auf einen herunterregnen. Und wer hat als Kind nicht gerne die schönsten Blätter gesammelt und ist voller Freunde durch die hohen Laubhaufen auf dem Boden gehüpft?

Doch der süßliche Geruch des modernden Laubes erinnert uns auch daran, dass eines Tages alles vergehen muss. Die Blätter scheinen schließlich, zu Blattgerippen zersetzt, nicht mehr viel mit dem vitalen Baum gemein zu haben. Ebenso die welkenden Blütenstände im Garten, die bräundenden Stengel der Pflanzen, die im Sommer noch in solch prächtigen Farben leuchteten. Was stattdessen einsetzt ist ein irritierendes Chaos des Vergehens. Viele Menschen scheuen dieses "Chaos", bringen wieder "Ordnung" hinein, indem sie "aufräumen", vergangene Blüten so früh wie möglich tief herunterschneiden, bis schließlich nur noch blanker Boden in den Gartenbeeten übrig bleibt. Dabei trägt manche Pflanze doch vielleicht noch Samen, von denen sich der eine oder andere Vogel im kalten Winter ernähren kann? In so manchem Stängel mögen kleine Tiere überwintern - nicht nur die oft als "Ungeziefer" verschrienen Asseln, Hundert- und Doppelfüßer und Spinnen, sondern auch die eine oder andere Wildbiene? - "Ja, aber der Boden muss doch atmen!" ruft dann so manche/r Uninformierte aus. Nackter Boden, ja, da kommt Luft dran, das ist doch gut!

Ein wenig Tod für den Boden...

Also... nein. Zwar ist eine gute Durchlüftung des Bodens für eine effektive Humusbildung bedeutsam; genau diese Durchlüftung wird jedoch von genau jenem "Ungeziefer" ausreichend vorgenommen. Ein nackter Boden trocknet aus. In der trockenen Umgebung ist es den Kleintieren, Pilzen und mikroskopisch kleinen Organismen nicht mehr möglich, organisches Material in nährstoffreichen und Wasser speichernden Humus zu verwandeln. Die "Belüftung" geschieht dann nur durch Rissbildung bei Frost oder großer Trockenheit - in extremer Form hat dies negative Folgen. Denn die Böden trocknen noch schneller aus und verlieren an Lebendigkeit. Gerade lehmige Böden neigen bei Regen außerdem zu Verschlammung: durch den Aufprall der Regentropfen sammeln sich feine Lehmplättchen auf der Oberfläche. Ein solcher Boden wird bei folgender Trockenheit sehr hart. Beim nächsten Regen kann er das Wasser nicht mehr aufnehmen, es fließt einfach an der Oberfläche ab. Einerseits bekommen die in ihm wachsenden Pflanzen so nicht die Wassermenge, die sie für ein gesundes Wachtum brauchen; andererseits sammeln sich die abfließenden Wassermengen anderswo. Mag das Wasser im kleinen Hausgarten noch über die Kanalisation entweichen können (soweit sich nicht vorher eine Kellertür anbietet), sind von intensiv zernutzten, humusfreien Riesenäckern abfließende Wassermassen ein Problem anderen Kalibers. Ein wenig mehr tote Pflanzenmasse als Humus fördernde Mulchdecke, ein wenig mehr gedultete "Unordnung", kann Leben retten. (Und die Gärtnerin spart vielleicht ein wenig Geld, weil sie nicht so oft Blumenerde für ihre Beete kaufen muss...)

... und für den Wald

Sind viele Privatpersonen offenbar noch lernresistent (man siehe nur die unzähligen Schottergärten, vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) passend die "Gärten des Grauens" getauft) und viele Landwirte im Monsanto/Bayer-Teufelskreis gefangen, findet zumindest in der Waldwirtschaft so langsam ein sichtbares Umdenken statt. Immer häufiger sieht man abseits der Wege mehr oder weniger große Mengen an Totholz liegen, manchmal sogar abgestorbene , aber noch stehende Bäume - jedoch nur, solange sie der Wegesicherung oder wirtschaftlichen Interessen nicht im Wege sind. Die Natur dankt: Spechte zimmern Behausungen für ihren Nachwuchs, die nachher auch von anderen Vögeln oder von Säugetieren (Fledermäusen, Eichhörnchen, Bilchen...) genutzt werden. Amphibien finden ein kühles Versteck unter Baumstämmen und Geäst, Reptilien wärmen sich auf dem durch das Sonnenlicht einer Lichtung bleichenden Holz auf. Pilze und Insektenlarven zersetzen das Material langsam in eine weiche Masse, welche wie ein Schwamm Feuchtigkeit aufsaugt, an heißen Tagen langsam wieder abgibt und so eine kühlere Umgebung schafft. Nie ist ein Baum lebendiger als nach seinem Tod...

... und im Tod kann er neues Leben der eigenen Art schützen. Durch einen Sturm umgeworfene, kreuz und quer liegende Baumstämme und die Kronen älterer Bäume versperren Reh und Hirsch den Weg. In ihrem Schutz können junge Bäume heranwachsen, ohne Gefahr zu laufen, von den hungrigen Herbivoren angeknabbert oder gar ganz heruntergefressen zu werden. Der Tod einer alten Generation erleichtert das Leben der nächsten.

Wenn wir also ein wenig mehr natürlichen Tod in der Pflanzenwelt zulassen, entsteht eine ganze Kaskade von Biodiversität fördernden und zugleich den negativen Folgen des Klimawandels entgegen wirkenden Prozessen. Doch können wir noch einen Schritt weitergehen?

Tote bringen Leben

Wenn die Katze meiner Oma damals eine tote Maus anschleppte, landete diese üblicherweise in der Mülltonne. Gestorbene Haustiere - in meiner frühen Kindheit vor allem Kleintiere wie Wellensittiche und Co., später auch Hund und Katze - wurden unter Tränen liebevoll in der Erde vergraben. Der Anblick toter Tiere, wenn auch in abstrakter Form täglich auf dem Teller vorhanden, war niemals wirklich Teil des Alltages. Die Ausnahme bildeten im Aquarium verendete Fische, deren bleiches Fleisch von ihren Artgenossen verzehrt wurde, Teile davon stoben in kleinen Wolken durch das Wasser. Abstoßend, aber doch auch faszinierend. Viele Jahre später verfolgte ich gelegentlich den Verwesungsprozess einer Stadttaube, deren Kadaver auf einem Vordach der Schule lag. Man konnte in den Unterrichtspausen bequem von dem Fenster aus zuschauen, gegen welches das arme Tier womöglich geflogen war und so seinen Tod fand. Auch in den Schienen der Straßenbahn lagen manchmal Tauben. Wieder faszinierte mich, wie nach relativ kurzer Zeit nur noch eine undefinierte dunkelgraue Masse übrig blieb, schließlich war gar nichts mehr übrig. Weitere Begegnungen gab es in Form von Igeln und anderen kleineren Wildtieren, die dem Straßenverkehr zum Opfer fielen und für deren Beseitigung sich niemand zuständig fühlte. Für die meisten Menschen, gerade jene in den Städten, sind die Kadaver größerer Tiere jedoch ein unnatürlicher Anblick.

Leben im und am Kadaver

Mittlerweile bin ich häufiger auf größere Kadaver gestoßen. Doch auch nach dem gelegentlichen toten Reh, Schaf und Wildschwein lässt selbst mich der Anblick eines toten Tieres noch immer nicht kalt. Die Gefühle leichten Unwohlseins werden aber heute überlagert von einer gewissen Neugier den auf den Tod folgenden Prozessen der Verwesung und vor allem den daran beteiligten Organismen gegenüber: Wenn eine platt gefahrene Erdkröte auf dem Schotterweg doch noch "Regung" zeigt, kann dies z.B. an diversen Käfern aus der Familie der Aaskäfer (Silphidae) liegen (z.B. die Rothalsige Silphe (Oiceoptoma thoracicum)), welche sich u.a. von Aas ernähren und darin fortpflanzen. Natürlich sind auch Fliegenlarven (Maden) ein häufiger Anblick. Ältere Knochen, die letzten Reste eines Kadavers, weisen nicht selten Nagespuren von Mäusen auf, die die Kalzium-Quelle wohl zu schätzen wissen. Hier ergeben sich interessante Einblicke für den Fährtenkundler: Zum einen sind die Knochen, von der Sonne ausgebleicht oder von Moos und Algen überwachsen, die "letzte Spur", die ein Tier zurücklässt. Das Ende der Fährte. An den Zähnen (falls noch im Kiefer vorhanden) oder (bei frischeren Kadavern) den Fußballen bzw. Hufen/Klauen können die "Werkzeuge" studiert werden, mit denen die Spuren des lebendigen Tieres, wie Fraßspuren oder Trittsiegel, erzeugt werden. Zum anderen sind sie mit fortschreitendem Verwesungsstadium übersäht mit den Spuren anderer, lebender Tiere. Besagte Nagespuren sind ein Beispiel, doch auch eine weiträumige "Verteilung" des Kadavers kann eine Spur sein, z.B. die eines aasfressenden Räubers, welcher sich die Beute mit gewissem Körpereinsatz aufgebrochen und auseinandergezerrt hat.

Wer sind diese großen, assfressenden Räuber? Man denkt spontan an Marder, Dachs und Fuchs. Doch auch Wildschweine verschmähen einen nährstoffreichen und vor saftigen Insektenlarven wimmelnden Kadaver nicht ("Schleimig, aber vitaminreich!"). Wölfe und Goldschakale mögen ebenso dazustoßen wie (Wild-)Katzen und Luchse. Unter den Vögeln sind es vor allem Rabenvögel, von der kleinen Dohle bis zum auf Aas spezialisierten Kolkraben, außerdem Eulen, Greifvögel und Geier. All diese Tiere übernehmen mit Vorliebe gern die sonst aufwendige "Entsorgung" einer so unansehnlichen Sache wie den Kadaver eines großen Säugetieres. Doch auch für Tiere, die wir nicht mit dem Tod in Verbindung bringen würden, ist ein Tierkadaver eine große Chance. Wir assoziieren Rotkehlchen, Kohlmeise, Admiral und Kleinen Fuchs eher mit Frühling und Sommer, mit frischem, kräftigen Leben, strahlenden Blüten, Sonne und Nektar. Auch sie wurden schon an Kadavern beobachtet, sich von ihm ernährend oder das Fell als Nistmaterial nutzend. (Das holländische Projekt "dood doet leven" hat die Geschehnisse an verschiedenen größeren Kadavern mit Wildtier-Kameras aufgenommen und auf youtube der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt)

Bei manch einem der oben aufgelisteten Tiere wird der/die/das Leser gestutzt haben. Dass der Wolf in Deutschland sein Comeback feiert (und dabei nicht jeden in Partylaune versetzt) ist mittlerweile gut bekannt und auch von dem einen oder anderen Adler-Vorkommen hat man vielleicht schon einmal gehört. Aber Schakale? Geier? Sowas gibt es doch nur in der Wüste - auf jeden Fall nicht in Deutschland!

Große Nutznießer des Todes - auch in Deutschland.

Nun - mal ganz davon abgesehen, dass manche Gegenden der Agrarlandschaft mit ihrer Lebensfeindlichkeit auch die sonnigste Wüste vielleicht sogar in den Schatten stellen - ist diese Annahme falsch. Der Goldschakal stammt zwar ursprünglich aus Asien und Südosteuropa, wandert seit geraumer Zeit aber auf natürliche Weise in Europa ein. Geier hingegen waren früher schon in Deutschland heimisch. Der Gänsegeier brütete einst in der Schwäbischen Alb, auch im Bonner Raum soll er vorgekommen sein. Als absoluter Aasfresser war er nie eine Gefahr für lebende Weidetiere, sondern räumte lediglich auf, was durch andere Ursachen zu Tode gekommen war. Dennoch wurden die Vögel in früheren Zeiten verfolgt. Heute ist der Gänsegeier streng geschützt, was ihm leider nur wenig bringt, da ihm hierzulande die Nahrungsgrundlage fehlt. Denn tote Weidetiere müssen gemäß EU-Verordnung (EG 1774/2002) abgeholt und andersweitig beseitigt werden, zur Eindämmung von BSE und anderen Seuchen. Diese Art der "Weidehygiene", zusammen mit dem Fehlen großer Räuber, die den gelegentlichen Hirsch, aber auch mal ein Weidetier zu Strecke bringen, sorgen für einen Mangel großer Tierkadaver.

Jetzt sind Geier leider keine großen Sympathieträger. Dass man ihnen zuliebe gelegentlich ein Pferd, Rind oder einen Hirsch offen verwesen lassen sollte, wird der breiten Öffentlichkeit vergleichsweise schwer zutragbar sein. Leichter hingegen könnte es sein, zugunsten von Milanen oder Adlern - dem Symbolvogel Deutschlands - zu argumentieren. Wenn man nicht zufällig an einen Windenergie-Konzern gerät, welcher den wirtschaftlichsten Standort für seine Windräder genau im Bruthabitat von Rotmilan und Co. erkennt...

Die Rolle der Jäger

Und doch ist es nicht so, als sei die Natur "da draußen" vollkommen frei von Tierkadavern. Manche Wildtiere sterben - einfach so. An Altersschwäche oder einer natürlichen Krankheit. Dies geschieht wohl eher selten an offen einsehbaren Stellen, sondern im Verborgenen. Ein totes Reh im Dickicht wird von großen Aasfressern kaum entdeckt werden - mit Glück stolpert ein Wolf oder eine Wildkatze darüber, vielleicht erspäht der Habicht die Gelegenheit. Es sind vor allem die Kleineren, welche sich glücklich schätzen können.

(Glücklich ist auch so mancher Haushund, der von dem toten Tier Wind bekommen hat. Frisch "parfümiert" steht er später vor Freude strahlend vor Herrchen/Frauchen. Die Freude bleibt einseitig.)

Eine andere Quelle für größere Tierkadaver ist sogenanntes "Fallwild" - Wildtiere, die im Straßenverkehr umkommen. Es kommt durchaus vor, dass so mancher zuständiger Jäger das tote Wild an unauffälliger Stelle ablegt und dort verrotten lässt. Die Kadaver von der Straße zu entfernen ist nicht nur aus ästhetischer Sicht sinnvoll. Denn nähern sich die Nutznießer des Wildunfalles dem gedeckten Tisch, werden sie nur zu schnell selbst Teil des Menüs (man siehe nur die reich "gefiederten" Randstreifen der Autobahn...).

Der schon erwähnte Jäger ist ebenfalls eine Quelle für Kadaver(teile). Gemäß des Leitfadens 125 des Landesjägerverbandes Rheinland-Pfalz heißt es:

"Nach dem Erlegen und direkten Aufbrechen des Wildes im Jagdbezirk können die nicht für den Verzehr vorgesehenen Teile dort verbleiben. Dies gilt für den Aufbruch (z.B. Magen-Darm-Trakt, Lunge, Geschlechtsorgane) und für direkt anfallende Zerwirkreste (z.B. Kopf, Gliedmaßen, Schwarte, Knochen). Diese Aufbrüche und Zerwirkreste müssen gemeinwohlverträglich zurückgelassen werden. Das heißt, es darf zu keiner Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie von Naturnutzenden und zu keiner Beeinträchtigung der Umwelt kommen. Ein Vergraben von Aufbrüchen und Zerwirkresten ist grundsätzlich möglich. Hierbei ist insbesondere ein ausreichender Abstand zu Gewässern, zum Grundwasser und zu Wasserschutzgebieten einzuhalten"

Fallen größere Mengen solcher "Abfälle" an - beispielsweise im Rahmen einer größeren Drückjagd - heißt das aber nicht, dass anschließend ein riesiger, dampfender Berg von Innereien in den Wald gebracht werden sollte. Das wäre nicht mehr "gemeinwohlverträglich". Insbesondere derzeit darf auch nicht jede Art von Aufbruch und Schlachtabfall im Wald belassen werden - Wildschwein-Reste müssen separat entsorgt werden. Grund dafür ist die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest. Doch auch aus anderen Gründen können die Reste des geschossenen Wildes problematisch sein, nämlich wenn der Jäger noch immer mit Blei schießt. Blei wirkt als ein Nervengift, das wir aus guten Gründen aus Farbe, Sprit und Rohrleitungen verbannt haben. In Form von Munition wird es jedoch leider weiterhin in der Landschaft verteilt. Zumindest in Feuchtgebieten ist die Nutzung von Bleimunition immerhin vor Kurzem verboten worden (mehr Hintergründe dazu in diesem Artikel). Ein kleiner, aber wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Auf lange Sicht muss Bleimunition komplett verschwinden. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel Seeadler von den jagdlichen Überresten zunächst zwar profitieren, letztendlich aber an einer Bleivergiftung sterben, weil sie mit den Kadaver-Resten auch Bleisplitter - Überbleibsel der Munition - aufnehmen. Dem Leibnitz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung zufolge sind Bleivergiftungen für gut ein Drittel der in Untersuchungen tot aufgefundenen Seeadler verantwortlich - in einigen Schutzgebieten sind es sogar 50%.

Rewilding Europe

Es scheint, als reiche all dies nicht aus, um große, auf frei zugängliche Kadaver angewiesene Tiere zu unterstützen und diesen Teil unserer Natur zu erhalten. Das verwundert kaum, denkt man einmal darüber nach. Zum einen lässt der Jäger von seinen geschossenen Tieren nur das im Wald, was er selbst nicht gebrauchen kann. Aufbruch und Zerwirkreste ersetzen wohl keinen kompletten Kadaver. Zum anderen werden solche Kadaver(reste), die im Wald belassen werden, von vielen großen Tieren, insbesondere großen Greifvögeln, kaum entdeckt, da diese vorzugsweise auf offenen Flächen nach Nahrung suchen. Die mitteleuropäische Landschaft hat jedoch unter starkem Nutzungsdruck zu leiden. Von der nicht für Siedlung oder Verkehr genutzten Landesfläche Deutschlands werden um die 60% für die Landwirtschaft genutzt und scheiden als Expositionsort aus. Lediglich rund 1.94% (1.6% der Gesamtfläche Deutschlands) bestehen aus offenen Flächen anderer Art (Heide, Moor, Sumpf, "Unland" = vegetaionslose Fläche anderer Art), der Rest ist Wald oder Gehölz (Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Stand 31.12.2019). Und selbst in diesem kleinen Rest existiert stellenweise Nutzungsdruck in Form von Naturtourismus.

Dennoch soll in Europa wieder mehr "echte" Wildnis entstehen - eine Wildnis, in der auch große Herbivoren und einst verdrängte oder aktiv verfolgte Carnivoren wieder Platz finden und ihre regulatorischen Wirkungen in die komplexen Gefüge unserer Ökosysteme einbringen können. Dieses Ziel verfolgt unter anderem die Organisation "Rewilding Europe". Einst in Holland gegründet, agiert die Organisation mittlerweile in mehreren europäischen Ländern. Große, frei zugängliche Kadaver hat Rewildung Europe als essentiellen Teil eines ursprünglichen, intakten Ökosystems erkannt und fördert die Exposition solcher, mehr noch, versucht die Akzeptanz für frei verrottende Tiere in der Bevölkerung zu mehren, indem sie Informationsmaterial zur Verfügung stellen und sogar Exkursionen mit Kindern zu Kadaverstellen durchführen.

Denn auch wenn der Tod für viele Menschen unserer Gesellschaft heute ein in Plastik verschweißtes Abstraktum darstellt, auch wenn wir unsere direkte Umgebung oft klinisch sauber zu halten versuchen - diese eine, ja so hässliche Wahrheit des Lebens blickt uns dennoch durch die glanzlosen Augen des kleinen Singvogels entgegen, der gegen die makellos geputzte Fensterscheibe flog und seinen frühen Tod fand. Es ist ein Teil des Lebens. Das Korn, das der Schnitter schneidet, ernährt Unzählige, doch wir lassen sie durch Hygienewahn an falscher Stelle hungern. Lassen wir es ihnen, wo es geht.

Rehschädel

Abgelegt unter: Biologie, Oekosysteme

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Diane Klüsener
Neutjenthal 1
24816 Stafstedt

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