Den Haussperling - auch bekannt unter dem Namen "Spatz" - will man sicher nicht neben seinem Schlafzimmerfenster wohnen haben. Denn dieser kleine Kerl wohnt nicht alleine, sondern in Kolonien. Und diese sind gesprächig - im Frühjahr und Frühsommer gerne auch schon früh morgens. Dabei nehmen sie keine Handschwinge vor den Schnabel, sondern verkünden mit lautem "Tschöp", was sie gerade denken. Durchgehend. Außer, eine vermeintliche Gefahr droht, dann ist die ganze Kolonie mit einem Mal mucksmäuschenstill. Bis der Erste wieder laut denkt. Dann denken alle laut mit.
Sperlinge sind typische Körnerfresser, das erkennt man gut an ihren kräftigen Schnäbeln. Aber auch vor Insekten machen sie nicht Halt. Keine Bauernhofidylle ohne Spatzenschwärme in den Hecken und im Heu, die lautstark nach etwas Fressbarem suchen.
Im ländlichen Schleswig-Holstein gelten sowohl der Haussperling (Passer domesticus) als auch seine Schwesterart, der Feldsperling (P. montanus), als nicht gefährdet. Deutschlandweit stehen beide jedoch auf der Vorwarnliste. (Quelle: Rote Liste der Brutvögel Schleswig Holsteins, 2010)
Spatzen sind wirklich Allerweltsvögel, so ziemlich jeder Mensch hierzulande dürfte ihnen schon begegnet sein - sei es auf dem Land oder im Biergarten. Als Kulturfolger fühlen sie sich in Menschennähe wohl und nehmen gerne Nistkästen an, um noch mehr Spatzen zu produzieren (die unter den Jungpflanzen im Gemüsebeet übrigens regelrechte Verwüstungen anstellen können). Weil die Bestände dennoch rückläufig wurden - vielleicht, weil auf Bauernhöfen kaum noch ein Körnchen daneben fällt und die Nahrung in Form von Insekten ebenfalls abnimmt? - wurde der Haussperling 2002 schon einmal zum Vogel des Jahres gewählt.
Wenn wir 2021 wieder den Haussperling als Vogel des Jahres wählen, so soll er für das langsame Sterben des Selbstverständlichen, den langsamen Tod der Biodiversität vor unserer Haustür stehen. Wenn die Spatzen verstummen, freuen sich manche vielleicht über ein wenig längeren Schlaf. Doch nicht Freude ist es, die man in dieser neuen Stille spüren sollte. Nein: Dunkle Vorahnung und Angst, weil die Ökosysteme vor unserer Haustür irgendwann zusammenbrechen könnten.
Tschöp.