Als ich vor einiger Zeit den Bergbauwanderweg im Muttental erkundete, knipste ich an einer Mauer der Burgruine Hardenstein einen auffallend großen, schwarzen Weberknecht. Sofort musste ich an den "Riesen-Weberknecht" denken, der sich seit 2004 in Mitteleuropa als Neozoon auszubreiten scheint.
Dabei handelt es sich um eine bislang unbekannte Art der Gattung Leiobunum. Die Gattung an sich ist in Mitteleuropa nicht neu, sieben Arten sind bereits bekannt. Mit etwa 125 Arten auf vier Kontinenten handelt es sich auch nicht um eine seltene Gruppe (Wijnhoven et al. 2007). Bei dem Riesen-Weberknecht weiß man allerdings noch nicht, um welche Art es sich handelt. Genetische Untersuchungen der Universität Mainz legen eine Verwandtschaft mit südeuropäischen oder nordafrikanischen Leiobunum-Arten nahe. Man vermutet eine Einschleppung aus Marokko über die Niederlande. Als Lebensraum bevorzugt der "Schwarze Riesen-Weberknecht" windgeschützte Stellen an Felsen, Gesteinsmauern, Höhlen, Bunker und Wohngebäude. Möglicherweise ist der ursprüngliche Lebensraum ebenfalls von Gestein und Felsen geprägt.
Aussehen und Verhalten
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes NRW (LANUV) beschreibt die Tiere in etwa so: Der Körper des "Riesen-Weberknechts" ist etwa 5-6mm lang und schwarz in der Färbung, manchmal mit einem leichten Grün-Schimmer. Die Tibia-Spitzen der Weibchen sind hell gefärbt. Die Beine können eine Länge von 9cm erreichen. Typisch sind auch Aggregationen von mehren Dutzend bis hunderten von Tieren, welche bei Störungen rhythmisch schwingen ("Verwirrungseffekt" als Feindabwehr). Dieses Verhalten ist von den rund 50 einheimischen Weberknecht-Arten nicht bekannt (Toss 2009). Die Aggregationen sind vor allem tagsüber zu beobachten; nachts gehen die Tiere auseinander, um nach Nahrung zu suchen. Sie können bis ins späte Jahr beobachtet werden, die größten Abundanzen finden sich jedoch im September (Wijnhoven et al. 2007). Man geht davon aus, dass die Eier überwintern, die Jungtiere somit im Frühjahr schlüpfen.
Ausbreitung
Wie oben bereits erwähnt, ist der Riesen-Weberknecht wohl über Marokko in die Niederlande verschleppt worden, ein erster Nachweis aus Holland stammt aus Nijmegen aus dem Jahre 2004. Der Erstnachweis für Deutschland wurde 2006 erbracht. Eine kleine Gruppe von Riesen-Weberknechten wurde in Duisburg-Meiderich im Landschaftspark Nord fotografiert und an die Biologische Station Westliches Ruhrgebiet weitergeleitet (Toss 2009). Mittlerweise sind Nachweise aus weiten Teilen des Ruhrtales (Kordges 2017) sowie aus der Schweiz, Österreich, Rheinland-Pfalz- Ost-Frankreich und Süd-Dänemark bekannt (Toss 2009). Laut Natur-in-NRW.de liegen außerdem Meldungen aus dem Saarland vor.
Eine invasive Spezies?
Es ist bemerkenswert, wie schnell sich der Riesen-Weberknecht innerhalb des letzten 15 Jahre bereits ausgebreitet hat. Da die Art - welche es nun auch immer ist - von anthropogenen Strukturen zu profitieren und eine hohe Reproduktionsrate zu haben scheint, ist mit einer weiteren Ausbreitung zu rechnen. Auffällig ist außerdem, dass in der Nähe von Riesen-Weberknecht-Aggregationen andere, einheimische Weberknecht-Arten kaum oder gar nicht zu finden sind (Wijnhoven et al. 2007). Es ist somit nicht unwahrscheinlich, dass der Riesen-Weberknecht als invasives Neozoon unsere heimische Weberknecht-Fauna stark negativ zu beeinflussen droht.
Prädatoren dieser Art wurden zufällig in Form von einzelnen Spinnen, welche Riesen-Weberknechte erbeutet hatten, beobachtet (Wijnhoven et al. 2007).
Literatur
- LANUV o. J., (https://neobiota.naturschutzinformationen-nrw.de/site/nav3/ArtInfo.aspx?ART=Tiere&ID=7c038a6e-724a-4e2b-ba20-a4c972ca3228, Stand 09.12.2019
- Natur-in-NRW.de, https://www.natur-in-nrw.de/HTML/Tiere/Spinnen/Weberknechte/TPW-18a.html, Stand 09.12.2019
- Kordges, T. (2017): Nachweis des Schwarzen Riesen-Weberknechtes (Leiobunum spec.) (Arachnida : Opiliones) in Wuppertal. - Jahresberichte des naturwissenschaftlichen Vereins Wuppertal 64: S. 97-102.
- Toss, K. (2009): Deutscher Erstnachweis einer bisher unbekannten Weberknechtart der Gattung Leiobunum und Anmerkungen zu zwei Vorkommen in Duisburg. – Elektronische Aufsätze der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet 16 (2009): 1-7.
- Wijnhoven, H., A. L. Schönhofer & J. Martens (2007): An unidentified harvestman Leiobunum sp. alarmingly invading Europe (Arachnida: Opiliones).- Arachnologische Mitteilungen 34: 27-38.